München I: Die Exotik der Altstadt um 1900

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Marienplatz, Viktualienmarkt, Frauenkirche – wer München zum ersten Mal bereist, wird an diesen Sehenswürdigkeiten nicht vorbeikommen. Wer aber ein wenig tiefer in die Geschichte der Isarmetropole eintauchen möchte, dem sei die Münchner Schatzsuche ans Herz gelegt.

Raus aus dem Elfenbeinturm der Kulturwissenschaft, lautet das Motto der Gründerin der Münchner Schatzsuche. Anette Spieldiener, Theaterhistorikerin und profunde Kennerin der Münchner Stadtgeschichte, bietet im Rahmen ihrer Stadtspaziergänge einen bunten Strauß an Touren mit den verschiedensten Schwerpunkten an.

Die Exotik der Altstadt um 1900 beispielsweise: Vom Treffpunkt vor der Feldherrnhalle am Odeonsplatz geht es hinein in die Münchner Residenz. Hier erfährt das staunende Publikum, dass König Ludwig II. einen Wintergarten auf dem Dach der Residenz errichten ließ, der ein Gesamtkunstwerk darstellte: Exotische Fauna und Flora samt künstlich angelegtem See boten Ludwig II. ein Refugium, das seinesgleichen suchte. Nach seinem Tod wurde die aufwändige – und aus statischer Sicht bedenkliche – Konstruktion aus Eisen und Glas wieder rückgebaut, da das Wasser aus dem See bereits in die darunter liegenden Räumlichkeiten tröpfelte.

In der Burgstraße wiederum erfährt man, dass Franz Kathreiner, ein ehemaliger Feldwebel, hier sein Spezereienfachgeschäft gründete. Unter dem Firmennamen „Franz Kathreiners Nachfolger“ vergrößerte sich das Unternehmen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einem wichtigen Kaffeeimporteur, der sogar eine Niederlassung in Wien betrieb.

Das Internationale Handels-Panoptikum von Emil Eduard Hammer in der Neuhauser Straße Ecke Färbergraben bot auf fünf Etagen lebensgroße Wachsfiguren, Tierpräparate, „Abnormitäten“, sogar eine „Inquisitionsabteilung“ und kam solcherart der Schaulust der Besucher entgegen. Ein Tableau, in dem ein Gorilla eine junge weiße Frau raubt, nimmt das King-Kong-Motiv vorweg. Aber auch die Zurschaustellung von Menschen nichteuropäischer Herkunft, wie beispielsweise die „Hawaii-Tänzerinnen“, sorgte für Furore.

Rund zwei Stunden dauert der mit Liebe zum Detail gestaltete Spaziergang, an dessen Ende die „zuagroaste“ Zuhörerin das Gefühl bekommt, wieder etwas dazugelernt zu haben. In den rund sechs Jahren, in denen Anette Spieldiener nun ihre Münchner Schatzsuche mittlerweile betreibt, hat sie auch schon viele Stammkunden gewonnen, die immer neue Facetten ihrer Heimatstadt entdecken können – zum Beispiel über die Bohème im alten Schwabing oder über Ludwig den Bayern. Als besonderes Schmankerl bietet die Münchner Schatzsuche in Zusammenarbeit mit dem Schauspielstudio Artemis auch szenische Spaziergänge an, in denen historische Persönlichkeiten gleichsam zum Leben erweckt werden.

Ein Kommentar

  1. Stichwort „Kathreiner“: Da tauchte aus meiner Kindheit ein Papierpackerl „Kathreiner Malzkaffee“, in blau-weiß gehalten, auf; meine Großmutter hat daraus an „Festtagen“ Kaffee für mich gekocht – kann das zusammenhängen?

    Das neue outfit der home-page gefällt mir ausgezeichnet!! Liebe Grüße!

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