Wachaufestspiele Göttin in Weiß Foto: Gerhard Grail

Wachaufestspiele: Eine „Göttin in Weiß“ beflügelt die Emanzipation in der Medizin

Veröffentlicht von
Wachaufestspiele Göttin in Weiß Foto: Gerhard Grail
„Göttin in Weiß“ bei den Wachaufestspielen in Weißenkirchen: Reinhard Nowak, Stephan Paryla-Raky und Leila Strahl (Foto: Gerhard Grail)

Der imposante Teisenhoferhof in Weißenkirchen ist auch heuer wieder Schauplatz der Wachaufestspiele, die in diesem Jahr (mit coronabedingter zweijähriger Verspätung) die musikalische Komödie „Göttin in Weiß“ zur Uraufführung bringen. Das lange Warten hat sich definitiv gelohnt: Das Stück aus der Feder von Florentina Hofbauer mit Liedtexten von Peter Hofbauer, angereichert mit stimmigem Lokalkolorit, nimmt das Publikum mit auf eine Zeitreise zurück ins ausgehende 19. Jahrhundert.

Ebendort, in Weißenkirchen, versammelt sich die Ärzteschaft zu einem Kongress, um über ein bedeutungsvolles Thema abzustimmen: Sollen Frauen zum Medizinstudium zugelassen werden? Eine Kontroverse, wie sie heftiger nicht ausfallen könnte, ruft sie doch die unterschiedlichsten Disputanten auf den Plan. Und so treffen einander ein Uni-Rektor, der Leibarzt des Ministerpräsidenten, eine Schweizer Augenärztin und viele andere, großartig gezeichnete Charaktere im Gasthof von Therese Windischgruber, um dort ihre Meinungsverschiedenheiten auszufechten. Ein Hoch der Medizin und der Emanzipation!

„Göttin in Weiß“: Herrliches, wendungsreiches Vergnügen

Regisseur Marcus Strahl hat die lebhafte Komödie, ohne den ernsteren Hintergrund des Stücks auszublenden, mit feinem Gespür für die gut platzierten Pointen im geschmackvollen Bühnenbild (das Foyer samt Rezeption des Gasthofs Windischgruber) von Martin Gesslbauer inszeniert. Das Ensemble ist mit großer Spielfreude bei der Sache: Ulli Fessl mimt eine gleichermaßen hantige wie trinkfeste Gastwirtin, die ihre 28-jährige Enkelin Susanne händeringend von den männlichen Gästen im Hof fernhalten will. Katrin Fuchs wiederum zieht als ebendiese, heiratswütig und Gefallen am jungen Musiker Hans findend, alle Register. Marcel-Philip Kraml als Hans hat somit seine liebe Not, wenn er seiner Schwiegeroma in spe so gar nichts recht machen kann. Doris Richter-Bieber agiert grandios als hypochondrisch veranlagte ehemalige Heurigenbesitzerin Aloisia Wambacher aus Wien, die alle ärztliche Aufmerksamkeit im Gasthof auf sich lenkt und dabei das medizinische Talent Oktavias ergründet.

Göttin in Weiß: Marcek-Philip Kraml, Katrin Fuchs, Anna Sophie Krenn
„Göttin in Weiß“ bei den Wachaufestspielen in Weißenkirchen: Marcel-Philip Kraml, Katrin Fuchs, Anna Sophie Krenn (Foto: Gerhard Grail)

Stephan Paryla-Raky und Anna Sophie Krenn ergeben ein hinreißendes Vater-Tochter-Gespann: Ersterem kommt als Rektor Dr. Rollet eine Schlüsselfunktion bei der geplanten Abstimmung zu, zudem sieht er sich mit dem Wunsch seines Sprösslings Oktavia, Medizin studieren zu wollen, mit erheblichen Problemen konfrontiert. Anna Sophie Krenn überzeugt als emanzipierte Medizinstudentin in spe mit großem Einfühlungsvermögen für ihre „Patientin“ Wambacher. Reinhard Nowak mimt beklemmend gut Rollets Gegenspieler, Dr. Albert, Leibarzt des Ministerpräsidenten, der nichts unversucht lässt, den Berufskollegen zu diskreditieren und auch vor Intrigen nicht zurück schreckt. Leila Strahl verkörpert mit glänzend durchgehaltenem Schweizer Akzent die emanzipierte Augenärztin Dr. Kerschbaumer, die sich mit der jungen Oktavia solidarisiert (ganz besonders rasant: die Steppeinlage von Leila Strahl und Anna Sophie Krenn). Tony Bieber sorgt als trinkfreudiger, böhmakelnder Pfarrer für allerlei humoristische Momente. Und last, but not least hat auch Dieter Hörmann als Psychologie-Student und Adlatus des Leibarztes mit großartiger Mimik die Lacher auf seiner Seite.

Das Ensemble zeigt auch von seiner stimmgewaltigen Seite, wenn das Orchester – Elena Gertcheva, Gudula Urban und Harald Haslinger (Arrangements: Vladimir Kiradjiev, musikalische Leitung: Elena Gertcheva) – beschwingte und zur Zeit der vorvorigen Jahrhundertwende passende Melodien von Paul Lincke, Josef Strauß, Zdenek Fibich, Richard Fall und Armin Berg wunderbar musiziert. Die historisch anmutenden, aufwendigen Kostüme von Christine Zauchinger komplettieren das Bühnengeschehen.

Fazit: Ein herrliches, wendungsreiches Vergnügen im Renaissance-Juwel Teisenhoferhof – ein rundum gelungenes Gesamterlebnis!

Wachaufestspiele Weißenkirchen im Teisenhoferhof: „Göttin in Weiß”, bis 27. August 2022 (jeweils freitags, samstags, sonntags), Beginn: 20 Uhr (sonntags 19 Uhr), Familienvorstellungen: Samstag, 6. August 2022, Samstag, 20. August 2022, Samstag, 27. August 2022, Beginn: jeweils 16 Uhr

Weitere Informationen: www.wachaufestspiele.com

Ein Kommentar

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert