Einen sehr eindringlichen Abend über das Leben und Schaffen von Fritz Grünbaum hat Erwin Bail für das Theater Experiment gestaltet. Im Jänner dieses Jahres jährte sich der 75. Todestag des berühmten Kabarettisten, und aus diesem Anlass stellte Bail eine reichhaltige Collage aus Grünbaums Texten unter dem Titel „Grüß mich Gott“ zusammen.
Bail tritt mit einer kunstvoll (von ihm selbst) angefertigten Handpuppe auf, die Grünbaums Züge samt einer Brille trägt. In seiner lyrischen Abhandlung „Mein Kollege, der Affe“ nimmt Grünbaum den Wettstreit unter ungleichen Künstlerkollegen im Varieté geistreich aufs Korn. Auch sehr amüsant bietet Bail den Monolog, in dem Grünbaum mit sich selbst über sein Kabarett konferiert, dar. Weitaus bedrückender ist Grünbaums Text „Der rote Pegasus“, in dem er erst die kriegsverherrlichende Stimmung zu Beginn des Ersten Weltkriegs thematisiert, um dann die Graumsamkeit des Erlebten zu verurteilen.
Genialer Wortwitz wohnt Grünbaums Texten inne
Stefanie Elias, Alexander Nowotny und Christian Schiesser bringen sich auf mannigfaltige Weise in den Abend ein. Elias überzeugt in den unterschiedlichsten Rollen mit sehr intensivem Spiel, vor allem als Antschi in „Wenn Dichter lieben“ und im revueartig gehaltenen zweiten Teil des Abend, in „Ich hab das Fräul’n Helen baden sehn“. Nowotny und Schiesser geben ein vortreffliches Duo in den Doppelconférencen ab, die Grünbaum mit seinem Kollegen Karl Farkas etabliert hatte (und die zuvor schon im Wiener „Budapester Orpheum“ das Publikum unterhielten). Musikalisch umrahmt wird das Programm von Hanns-Michael Jung, der am Klavier humoristische Akzente setzt, Barbara Langbein hat für das Ensemble stilvolle Kostüme kreiert.
Die von Erwin Bail ausgewählten Texte lassen gut erkennen, welch genialer Wortwitz dem Werk des Kabarettisten innewohnt, der auch ein Meister sprachlicher Nuancen und Zwischentöne war. Aber auch die zahlreichen heiteren Momente des Abends verhindern nicht, dass dem Zuschauer oftmals das Lachen im Halse steckenbleibt: Grünbaum wurde nach einer missglückten Flucht in die Tschechoslowakei im Mai 1938 in das Konzentrationslager Dachau deportiert, von dort nach Buchenwald und dann wiederum nach Dachau, wo er am 14. Jänner 1941 entkräftet an den Folgen der Misshandlungen starb.
Einen scharfen Schnitt macht Bail am Ende seiner szenischen Collage: Ausschnitte aus Wochenenschau-Berichten zeigen Bilder von Kriegsgräuel und Konzentrationslagern, am Schluss mahnt das von Entbehrungen gezeichnete Konterfei Grünbaums im KZ Dachau. Ein sehr aufrüttelnder Abend, der aber auch zweifellos einlädt, sich mit dem umfangreichen Schaffen von Fritz Grünbaum näher zu befassen.
Gespielt wird noch bis 5. November im Theater Experiment (9., Liechtensteinstraße 132), jeweils dienstags bis samstags (Beginn: 20 Uhr).
Weitere Informationen: www.theater-experiment.com