
Eine Melange der besonderen Art serviert derzeit das Wiener Metropol seinem Publikum: „Liebesgeschichten & Heiratssachen“ in Anlehnung an die Posse (mit Gesang) von Johann Nestroy wird mit den Melodien des Jahresregenten Johann Strauss garniert. Und heraus kommt eine wohlklingende, satirisch angehauchte Musik-Komödie, die wunderbar zum Vorort-Flair der Spielstätte passt. Regisseur Peter Kratochvil hat nach einer Idee und dem Buch von Metropol-Prinzipal Peter Hofbauer diese flott-ironische Mixtur in Szene gesetzt, Florian Schäfer als musikalischer Leiter sorgt mit seiner Band für eine höchst angenehm ins Ohr gehende Walzerseligkeit.

Obwohl: So selig geht es im Stück nicht zu. Der selbstgefällige Fleischfabrikant Florian Fett hat sich in den wohlverdienten Ruhestand zurückgezogen – immerhin hat er so viel erwirtschaftet, dass er gut und gerne von den Zinsen leben kann. Seine Tochter wälzt bereits konkrete Pläne, den Sekretär ihres Vaters zu heiraten, mit dem sie inniglich verbunden ist. Dies wäre aber ein Affront, schließlich wünscht sich Herr von Fett (wie er sich nennt) einen adeligen Schwiegersohn. Was der Rentier aber nicht weiß: Sein Sekretär ist tatsächlich adeliger Abstammung, weshalb dessen Vater dieser Verbindung niemals zustimmen würde. Die Ex-Schwägerin des ehemaligen Unternehmers wiederum wird von einem Heiratsschwindler und Zechpreller umgarnt. Und so entwickeln sich allerlei Liebeswirren, die es zu entflechten gilt…

„Liebesgeschichten & Heiratssachen“ ist eine charmante Komödie, die mit einer gehörigen Portion Ironie die gesellschaftlichen Konventionen zu Nestroys Zeiten (die wohl bis in die Gegenwart nachklingen) aufs Korn nimmt. Das Ensemble zeigt sich äußerst stimmgewaltig, ist mit großer Spielfreude bei der Sache und gibt dem Publikum auch Gelegenheit, in der klangschönen Musik zu schwelgen. Wobei auch die Pointen ganz ordentlich funktionieren. Allen voran gibt Gerhard Ernst einen grandios polternden, grantelnden Herrn (von) Fett, dem es vorrangig um seinen finanziellen Vorteil geht und darum, Standesdünkel zu zelebrieren, auch wenn er selbst ein Bürgerlicher ist. Als seine Tochter Valentina agiert sehr charmant Katrin Fuchs, die selbstbewusst und entschlossen, ihre Pläne durchzusetzen, ihrem Vater gegenüber auftritt. Michael C. Havlicek ist ein durch und durch sympathischer Sekretär Alfred, der seinen Arbeitgeber maßlos überrascht, als er seine wahre Identität enthüllt. Seraphine Rastl sorgt als verwitwete Schwägerin Lucia Distel für humorvolle Momente, muss allerdings bald die Wahrheit über ihren Angebeteten erkennen. Denn dieser, der Herr Nebel, herrlich fies gespielt von Andreas Peer, hintergeht nicht nur die ihn verliebte Lucia, sondern auch den Gastwirt, der ihm ein Quartier zur Verfügung stellt. Andy Lee Lang verkörpert den Hotelier sehr dynamisch mit lustig-skurrilen Zügen. Elisabeth Blutsch (die auch für die beschwingten Choreografien verantwortlich zeichnet) gibt gekonnt das resolute Stubenmädchen Philipine, Laura Luisa Hat mimt die Wahrsagerin Yvonne mit feinem ironischen Unterton. Alfred Pfeifer als Marquese Vincelli und Vater des Schwiegersohns in spe wiederum setzt noble Akzente als „echter“ Adeliger.

Ilona Glöckel hat für eine rundum geglückte und atmosphärisch stimmige Ausstattung gesorgt – vom praktikablen Bühnenbild, über die opulenten Kostümen bis zu den prächtigen Videoprojektionen, die abwechselnd Altwiener Charme oder venezianisches Flair vermitteln. Die oben erwähnte Band (alternierend zu Florian Schäfer: Sandra Kugler am Klavier, Wolfram Freysmuth an der Geige, Alexander Hartl an der Klarinette, Edoardo Blandamura am Kontrabass) hat großen Anteil an der gelungenen Inszenierung.
Wer sich also an heiter-satirischer Walzerlaune delektieren möchte, dem sei diese Produktion wärmstens ans Herz gelegt!

„Liebesgeschichten & Heiratssachen“: Bis 26. Oktober 2025 (täglich außer Montag und Dienstag), Beginn: 19.30 Uhr (Beginn am Sonntag: 16 Uhr), 1170 Wien, Hernalser Hauptstraße 55
Weitere Informationen: www.wiener-metropol.at