Fulminante „Elisabeth“: Kaiserliches Leben und Leiden vor Schloss Schönbrunn

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Musical am Original-Schauplatz: „Elisabeth“ mit Pia Douwes in der Titelrolle und Mark Seibert als „Tod“ im Ehrenhof vor dem Schloss Schönbrunn (Foto: VBW/H. Prammer)

Auch knapp 27 Jahre nach der Uraufführung hat die Musik von „Elisabeth“ nichts an ihrer Dramatik und Eindringlichkeit verloren: Das Musical, das den Lebensweg der österreichischen Kaiserin, von ihren Jugendjahren im bayerischen Possenhofen über ihr Dasein im goldenen Käfig am Wiener Hof bis hin zu ihrem tragischen Ende als bejahrte, menschlich gebrochene Monarchin nachzeichnet, begeistert mit seinem packenden Plot (Buch und Liedtexte: Michael Kunze) und eben jenen Melodien (Musik und Orchesterierung: Sylvester Levay), die zünden und auch nach mehr als einem Vierteljahrhundert gehörig ins Ohr gehen.

Der Ehrenhof vor dem Schloss Schönbrunn bot die imposante Kulisse für eine fulminante semikonzertante Aufführung des Musicals. Unter freiem Himmel lauschte das Publikum dem mit Verve musizierenden  Orchester der Vereinigten Bühnen Wien unter der musikalischen Leitung von Michael Römer und den Gesangstars, die stimmlich und darstellerisch hervorragend disponiert waren.

Unter der Regie von Gil Mehmert marschierte das Ensemble auf der Bühne (Musical Staging: Simon Eichenberger) auf und bot eine mitreissende Darstellung: Allen voran Pia Douwes, die bereits bei der Uraufführung die Titelrolle kreierte, lieferte eine berührende Charakterstudie einer Frau, die an der Zerrissenheit zwischen ihrer Individualität und dem Zwang, der bei Hofe herrscht, zerbricht. Auch die  Darstellung ihres Reifungsprozesses, vom Wildfang im bayerischen Elternhaus bis hin zur schwermütigen Kaiserin, gelingt Douwes überzeugend.

An ihrer Seite brillieren Mark Seibert als verführerischer „Tod“, der Elisabeth schon in jungen Jahren Trost bietet, von ihr aber bis zuletzt zurückgewiesen wird, David Jakobs als diabolischer Luigi Lucheni, der dem Leben der Kaiserin ein grausames Ende setzt, und Viktor Gernot – auch er gehörte dem Ensemble der Wiener Uraufführung an – als Franz Joseph, der sich zwiegespalten zwischen Staatsräson und der Zuneigung zu seiner Gattin entscheiden muss.

Daniela Ziegler beeindruckt als eiskalte Erzherzogin Sophie, die gegen ihre Schwiegertochter intrigiert, um letztlich auch ihrem Sohn zu schaden, Lukas Perman als erwachsener Kronprinz Rudolf, der an der Unnahhbarkeit seiner Mutter verzweifelt, Hans Neblung als Elisabeths Vater, Herzog Max in Bayern, der das Schicksal seiner Tochter schon bei deren Verlobung vorausahnt, Patricia Nessy als seine Gattin, Herzogin Ludovika, die ihrer Tochter Helene zu gesellschaftlichem Aufstieg verhelfen will, und nicht zuletzt sehr berührend Philipp Gruber-Hirschbrich in der Rolle des jungen Thronfolgers.

Das aufwendige Lichtdesign (Michael Grundner) setzte passende Akzente und untermalte die fesselnde Atmosphäre auf der Bühne, Yan Tax kleidete die Mitwirkenden in ansehnliche historisierende Kostüme.

Großen Applaus erhielt Sylvester Levay, der vor dem Lied „Ich gehör‘ nur mir“ Dirigent Michael Römer kurzzeitig ablöste und diesen – wohl bekanntesten – Song aus dem Musical mit dem Orchester zur Aufführung brachte. Ein amüsanter Regie-Einfall sorgte für Aufsehen: Nach der Pause fuhr ein Vierspänner mit dem „Monarchen-Paar“ an Bord vor der Bühne vor. Grandios: die Kameraführung samt Überblendtechnik, mittels derer das Geschehen von der Bühne auf zwei riesige Video-Leinwände in Großaufnahme projiziert wurde.

Ein fulminantes Spektakel, das bei Kaiserwetter vor prachtvoller Kulisse über die Freilicht-Bühne ging!

Auch im kommenden Jahr wird „Elisabeth“ als Konzert-Open-Air zu sehen sein: Von 25. bis 27. Juni 2020 geht das Musical erneut im Ehrenhof des Schlosses Schönbrunn über die Bühne.

Weitere Informationen: www.musicalvienna.at

Die Autorin dieser Zeilen hat „Elisabeth“ erstmals im Rahmen der damaligen „Jungbürgeraktion“ der Stadt Wien im Jahre 1992 im Theater an der Wien gesehen.

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