Beim Tschauner unter freiem Himmel zu sitzen und sich mit guter Laune anstecken zu lassen – das gelingt wunderbar mit der österreichischen Erstaufführung von „Der eingebildete Kranke“ im Musical-Gewand, das den Weg von Gablitz nun nach Wien-Ottakring geschafft hat. Sehr frei nach Molières Klassiker haben Florian Stanek (Buch und Liedtexte) und Sebastian Brand (Musik) einen charmanten und höchst unterhaltsamen Abend geschaffen, der mit viel Humor und eingängigen Songs perfekt in das sommerliche Theatergeschehen passt.
Schauplatz der Handlung ist das exklusive Kurhotel St. Moritz am Wiener Flötzersteig. Dort hat sich Klinikleiter Prof. Henkelmann sein eigenes Imperium aufgebaut, das darauf abzielt, möglichst viel Gewinn zu erwirtschaften – mit fragwürdigen Heilmethoden, für die seine Patienten natürlich tief in die Tasche greifen müssen. Gerade recht kommt ihm da der gutsituierte Firmenchef und Hypochonder Axel Wagner, der seine unzähligen eingebildeten Leiden auskurieren möchte. Damit nicht genug, soll Axels Tochter Angelika – wenn es nach dem Wunsch des Schwiegervaters in spe geht – Prof. Henkelmanns Sohn Harald ehelichen. Doch diese hat ihr Herz anderweitig vergeben, nämlich just an den Sohn des väterlichen Mitbewerbers, Clemens. Für allerlei Verwechslungen und Verwicklungen ist gesorgt, die das Krankenhauspersonal sowie die zweite Ehefrau, Melitta, des wohlhabenden Patienten auch noch befeuern.
Das turbulente Stück lässt keine Langeweile aufkommen, mit viel Wortwitz und Schmäh steigert sich die Handlung zu einer grandiosen Satire auf die Auswüchse der „Lifestyle-Medizin“. Regisseur Markus Richter, der auch für die musikalische Leitung verantwortlich zeichnet, hat mit gutem Gespür und einem hinreißenden Ensemble Charaktere entwickelt, denen es trotz aller Ironie nicht an Tiefe fehlt. Rita Sereinigs flotte Choreografien sorgen für den passenden Pep, Petra Fibich-Patzelt hat sich für ein minimalistisches Bühnenbild, in Weiß gehalten, entschieden, in denen die bunten Kostüme von Barbara Langbein und Anatol Rieger ideal zur Geltung kommen.
Das stimmgewaltige Ensemble glänzt mit überragender Spielfreude, sehr zum Vergnügen des Publikums: Martin Oberhauser zelebriert die Befindlichkeiten des hypochondrisch Leidenden mit großer Achtsamkeit, ohne in eine Parodie zu verfallen. Sarah Baum mimt sehr überzeugend seine loyale und tatsächlich um ihren Vater besorgte Tochter Angelika, Marina Petkov liefert ein Bravourstück an Komik in ihrer Darstellung der gewitzten Pflegerin Toni ab, Alexander Mikliss beeindruckt in der Doppelrolle der beiden Söhne, Harald und Clemens, samt sehr gelungenem Wechsel von einem Dialekt zum anderen. Sascha Ahrens brilliert als Melitta, die habgierige und intrigante zweite Ehefrau des Patienten, die nicht davor zurückschreckt, einen Diebstahl zu fingieren und diesen dem arglosen Clemens in die Schuhe zu schieben. Markus Richter mimt grandios ironisch den jovialen Mediziner, der skrupellos Therapien verschreibt, Hauptsache, die Kassa stimmt. Ilvy Schultschik und Anja Štruc komplettieren das Ensemble ideal als geschäftstüchtige Medizinerinnen.
Fazit: „Der eingebildete Kranke – Das Musical“ ist ein herrlich amüsanter Abend, der im unverwechselbaren Ambiente der Tschauner Bühne wunderbar zum Tragen kommt. Ein Theater-Genuss unter freiem Himmel, ganz ohne Nebenwirkungen, den man nicht versäumen sollte!
Spieltermine im August: 2. 8., 3. 8., 4. 8., 18. 8.,19. 8., 20. 8., 28. 8., 29. 8. und 30. 8. 2025
Weitere Informationen: Tschauner Bühne, 16., Maroltingergasse 43, 1160 Wien, www.tschauner.at