Theater Center Forum: Ein fehlender Knopf, zwei Leichen und viele Verdächtige

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„Keine Leiche ohne Lily“: Wilhelm Prainsack, Ulli Fessl, Michael Mischinsky (Foto: Rolf Bock)

Ein wahres Gustostückerl aus dem Genre der Kriminalkomödie steht derzeit auf dem Spielplan des Theater Center Forums: „Keine Leiche ohne Lily“ aus der Feder des englischen Dramatikers Jack Popplewell (1911-1996) hat Erich Martin Wolf als Produktion der Österreichischen Theatergemeinde mit feinem Sinn für britischen Humor inszeniert.

Lily Piper ist eine Perle, wie sie im Bilderbuch steht, gewissenhaft in der Ausübung ihrer Tätigkeit, aber auch vor allem – neugierig. Als sie eines Abends im Büro ihres Chefs eine Leiche findet, ist die Verblüffung groß, aber noch größer als diese plötzlich verschwindet. Umgehend tritt ein forscher Inspektor auf den Plan, um den Vorfall zu untersuchen, und nach und nach wird klar, dass Lilys Entdeckung keine Einbildung ist. Noch verworrener wird die Situation, als die Leiche plötzlich lebendig ist und ein echter zweiter Toter gefunden wird – doch Lily wäre nicht Lily, wenn sie nicht auch hier den Überblick behalten würde.

„Keine Leiche ohne Lily“: Marion Rottenhofer, Michael Mischinsky, Michelle Haydn, Ulli Fessl, Beate Gramer, Bernhard Dreisiebner (Foto: Rolf Bock)

Den Reiz an Popplewells Stück macht die gelungene Kombination aus Detektiv-Komödie und „Whodunnit“-Krimi aus. Auch das grandiose Zusammenspiel der beiden ermittelnden Charaktere – Hobby-Schnüfflerin und Polizeibeamter – ist eine Klasse für sich. Ulli Fessl ist in der Rolle der cleveren, gewitzten Reinigungsdame geschlüpft und liefert ein Bravourstück an Komödiantik: Mit grandioser Mimik (und hellwachem Blick) verfolgt ihre Lily das Geschehen und ist Inspektor Baxter natürlich immer einen Schritt voraus. Dieser, sehr energisch verkörpert von Michael Mischinsky, ist von Anbeginn ob des überbordenden Engagements seiner „Assistentin“ äußerst genervt – noch dazu, wenn diese sich aufgrund eines früheren Naheverhältnisses Vertraulichkeiten herausnimmt. Doch mit der Zeit lernt auch der Inspektor Lilys präzise Kombinationsgabe zu schätzen.

Der Kreis der Verdächtigen umfasst die Belegschaft der Firma, und allesamt hätten die Mitarbeiter ein Motiv. Zuallererst jedoch gilt die Gattin des ersten vermeintlich Toten, Mrs. Marshall (Beate Gramer), der eine Affäre mit dem Kompagnon unterstellt wird, als verdächtig. Ebenso suspekt scheint die langjährige Sekretärin des Hauses, Miss Selby (Marion Rottenhofer), die heftigst Tränen wegen ihres angeblich verstorbenen Chefs vergießt, aber auch die junge „Tippse, wie sie von Lily genannt wird, Miss Reynolds (Michelle Haydn), könnte ihre Finger ihm Spiel gehabt haben. Kompagnon Westerby (Bernhard Dreisiebner) gerät zunächst durch unklare Verwicklungen im Zusammenhang mit der Gattin des Firmenchef ins Visier der Ermittler, und der tot geglaubte Mr. Marshall (Thomas Bauer) selbst sorgt durch seine plötzliche Lebendigkeit für großes Erstaunen. Das grandios agierende Ensemble komplettiert Wilhelm Prainsack als charmant minderbemittelter Polizist Goddard, der zarte Bande mit der jungen Sekretärin knüpft.

Barbara Langbein hat für jeden Charakter das passende Kostüm entworfen, vom blumigen Haushaltskittel der rührigen Hobbydetektivin, über die mondäne Aufmachung von Mrs. Marshall bis hin zum standesgemäßen Sherlock-Holmes-Umhang von Inspektor Baxter. Siegbert Zivny hat für die Inszenierung ein praktikables Büro-Ambiente mit zwei Schreibtischen und einem Ausblick auf Big Ben geschaffen.

Wie es der mutigen Lily gelingt, den Täter zu überführen und inwiefern ein Schlüsselbund sowie ein fehlender Knopf zur Aufklärung des Sachverhaltes beitragen, das ergründen Interessierte im Rahmen dieses mörderisch vergnüglichen Stückes am besten selbst!

„Keine Leiche ohne Lily“: Gespielt wird noch bis 19. Oktober sowie von 5. bis 16. November im Theater Center Forum (9., Porzellangasse 50), täglich außer Sonntag und Montag, Beginn: jeweils 19.30 Uhr.

Weitere Informationen: www.theatercenterforum.com