Ein gemütliches Abendessen im Kreise der Familie gerät zu einem verbalen Schlagabtausch: Elisabeth und Pierre laden Vincent, Elisabeths Bruder, und dessen schwangere Frau Anna zu einem indischen Abendessen ein. Ebenfalls mit von der Partie ist Claude, der seit Kindertagen zur Clique gehört.
Der Abend verläuft solange harmonisch, bis sich ein Streit zwischen Pierre und Vincent über den Vornamen des ungeborenen Sohnes bzw. Neffen entfacht: Pierre schwankt zwischen Fassungslosigkeit und Entsetzen, als er Vincents Idee vernimmt, dem Kind einen aus historischen Gründen belastenden Namen zu geben zu wollen. Die Stimmung während des Abendessens gefriert zunehmend, als auch die anderen Beteiligten aneinander geraten. Vermeintlich intakte Fassaden stürzen ein, durch Kratzen an der Oberfläche tun sich Abgründe auf. Fragen stehen im Raum: Wie weit darf Freundschaft gehen, und wo sind ihre Grenzen? Kann ein Vertrauensverlust wieder wettgemacht werden, und wenn ja, wie? Längst vergessen geglaubte Konflikte und bislang unbekannte Tatsachen sorgen gehörig für Turbulenzen bei Tisch und bringen das eine oder andere Weltbild ins Wanken.
Die erste Produktion der Gruppe boulevART ist ein wahres Gustostückerl für Freunde gesellschaftskritischer Komödien: „Der Vorname“ („Le prénom“) von Matthieu Delaporte und Alexandre de La Patellière (beide Jahrgang 1971), uraufgeführt 2010 in Paris, birgt pointen- und temporeiche Dialoge in sich, die die Handlung geschmeidig und geistreich vorantreiben. Doris P. Kofler bringt die Wortduelle in ihrer Inszenierung auf der Bühne des Theater Center Forum brillant zur Geltung, rund um ein Sofa und einen Couchtisch gesellt sich das virtuose fünfköpfige Ensemble mit viel Elan und großer Spielfreude.
Hubert Wolf und Artur Ortens verkörpern eindrucksvoll die beiden Schwager, die als Alphatiere ihre Reviere neu abstecken und dabei nicht umhinkommen, alte Rechnungen zu begleichen. Wolf verteidigt als linksintellektueller Pierre mit großer Vehemenz seinen Standpunkt, Ortens‘ Vincent lässt Pierres Argumente mit beißender Ironie an sich abprallen. Doris P. Kofler agiert grandios als friedliebende Gastgeberin Elisabeth, die mehr als einmal als Vermittlerin innerhalb ihrer sich zankenden Gästeschar eingreifen muss, dann aber selbst auch noch das eine oder andere Hühnchen mit ihrer Verwandtschaft rupft. Olivier Lendl glänzt als Posaunist Claude, der als langjähriger Freund der Familie erst zwischen allen Stühlen sitzt, dann aber genötigt wird, ein Geheimnis zu enthüllen, das die Runde in größtes Erstaunen versetzt. Natascha Shalaby mimt bravourös Vincents Ehefrau Anna, die erst mit Verspätung bei der Dinner-Party erscheint, als quirlige Mama in spe, die mehr über Claude weiß, als sie vor den anderen zugeben will.
Wer in Erfahrung bringen möchte, ob die Versöhnung im trauten Heim gelingen kann, wie das ungeborene Kind von Anna und Vincent tatsächlich heißt und was ein toter Hund mit all diesen Verwicklungen zu hat – dem sei ein Besuch im Theater Center Forum dringend angeraten!
Gespielt wird von 5. bis 9. Juni sowie von 12. bis 16. Juni im Theater Center Forum (9., Porzellangasse 50), Beginn: jeweils 20 Uhr.
Weitere Informationen: www.theatercenterforum.com