„Was geschah mit Baby Jane?“ im Theater Center Forum: Geschwisterhass und Diven-Fehde

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„Was geschah mit Baby Jane?“: Blanche (Bettina Soriat, l.) wird von ihrer Schwester Jane (Christine Renhardt) drangsaliert. (Foto: Sebastian David Lehner)

Ein fesselndes Psychogramm über die unheilvolle Verbindung einer älteren Schwester, die einst ein Kinderstar war, zu ihrer jüngeren, einer früheren Leinwandgröße, die seit einem Unfall auf den Rollstuhl angewiesen ist: Das ist Henry Farrells Bühnenwerk „Was geschah mit Baby Jane?“ („What ever happened to Baby Jane?“, deutsche Übersetzung: Frank Thannhäuser), das auf seinem eigenem Roman basiert und von Robert Aldrich mit Bette Davis und Joan Crawford im Jahre 1962 kommerziell erfolgreich verfilmt wurde.

Jane Hudson, genannt „Baby Jane“, bezauberte als kleines Mädchen das Kinopublikum. Allerdings riss ihre Erfolgssträhne in jungen Jahren ab, und stattdessen gelang es Janes Schwester Blanche, ein gefeierter Filmstar zu werden. Blanches Erfolge fanden aber ein jähes Ende, da sie durch einen mysteriösen Autounfall eine Querschnittlähmung erlitt. Jahrelang pflegte Jane ihre jüngere Schwester, fühlt sich aber zunehmend durch deren Dasein eingeengt, da Jane mit einem Comebackversuch als Schauspielerin liebäugelt. Sie engagiert sogar einen Pianisten, mit dessen Unterstützung sie sich den großen Durchbruch erhofft, doch die Beziehung zu Blanche gerät zunehmend außer Kontrolle…

Susanne Pichler und Maksymilian Suwiczak als Mutter-Sohn-Gespann (Foto: Sebastian David Lehner)

Für das Theater Center Forum hat Christoph Prückner den Psychothriller als höchst spannungsreiches und emotional aufgeladenes Kammerspiel inszeniert. Die Charaktere sind allesamt sehr präzise gezeichnet und wurden facettenreich ausgestaltet.

Sehr intensiv und beängstigend gut agiert Christine Renhardt als Baby Jane Hudson, die, obwohl längst erwachsen, immer noch sehr an ihrem „Daddy“ hängt, ihrer Schwester jeglichen Kontakt mit der Außenwelt verwehrt und sie mit ungenießbarem Essen quält. Dennoch behält Renhardts Jane bei aller Dämonenhaftigkeit auch noch menschliche Züge, die ihre abgrundtiefe Verzweiflung zum Ausdruck bringen. Bettina Soriat fasziniert als stoisch-abgeklärte, aber sehr starke Blanche, die das Verhalten ihrer Schwester lange Zeit toleriert und verharmlost, um dann doch noch Entschlossenheit an den Tag zu legen.

Susanne Pichler beeindruckt als aufdringliche Nachbarin, die aus ihrer Verehrung zu Blanche keinen Hehl macht und die beiden Schwestern mit Alibi-Besuchen nervt, ebenso aber auch als Edwins Mutter, die Karrierechancen für ihren Sohn wittert, der sich bei Jane als Pianist bewirbt. Anna Nowak spielt die auffallend energische Hausangestellte Edna, die von Anfang an Partei für Blanche im Streit mit Jane ergreift, sehr überzeugend. Maksymilian Suwiczak gefällt als linkischer Edwin Flagg, der sich gegenüber seiner Mutter behauptet, indem er sich für eine Zusammenarbeit mit Jane entscheidet.

Die Lage spitzt sich zu: Anna Nowak (l.) als Hausangestellte Edna, Christine Renhardt als „Baby Jane“ (Foto: Sebastian David Lehner)

Prückner hat in seine Inszenierung zudem eine zweite Zeitebene eingezogen: Mittels Schattentheater werden Szenen aus der Vergangenheit gezeigt, die Janes Alkoholprobleme am Filmset offenbaren, ebenso wie das Verhalten des Vaters der beiden Schwestern, der seine Töchter zur Leistung mahnt und Missgunst zwischen ihnen sät.

Bühnenbildner Erwin Bail hat wieder ein Glanzstück seines Könnens abgeliefert: Der Vorraum zum Wohnbereich der Schwestern lässt sich durch Aufklappen einer Seitenwand in Blanches Wohnzimmer verwandeln. Hinter dem stilisierten TV-Gerät, in die Wand eingebaut, laufen effektvolle Schattenspiele ab. Nicht unerwähnt soll auch Hund Mina bleiben, der bei seinem kurzen Auftritt als Minnie sehr gelassen wirkte und das Premierenpublikum interessiert beäugte.

Fazit: Ein höchst eindringlich gespielter Abend, der einiges an Nervenstärke abverlangt, aber definitiv sehenswert ist!

Gespielt wird bis 17. Juni (täglich außer sonntags und montags sowie 15. Juni) im Theater Center Forum (9., Porzellangasse 50), Beginn: jeweils 19.30 Uhr.

Weitere Informationen: www.theatercenterforum.com