Sommerspiele Sitzenberg Ensemble

Sommerspiele Schloss Sitzenberg: Ödön von Horváths selten gespielte Posse „Hin und Her“

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Sommerspiele Sitzenberg Ensemble
Ab 4. Juni steht Ödön von Horváths groteske Posse „Hin und Her“ in einer Inszenierung von Anke Zisak auf dem Spielplan der Sommerspiele Schloss Sitzenberg. (Foto: Anna Zehetgruber)

Intendant Martin Gesslbauer und sein Team bespielen nach einjähriger Corona-Pause wieder die Bühne im Arkadenhof von Schloss Sitzenberg: Ab 4. Juni steht Ödön von Horváths groteske Posse „Hin und Her“ in einer Inszenierung von Anke Zisak auf dem Programm.

Das vielfach unterschätzte und selten gespielte Stück um den staatenlosen Ferdinand Havlicek, der in keinem Land willkommen ist und im Niemandsland umherirrt, ist heute genauso aktuell wie zu seiner Entstehungszeit Anfang der 1930-er Jahre. Der zauberhafte Arkadenhof von Schloss Sitzenberg im Tullnerfeld hält damit auch heuer wieder ein Stück Weltliteratur, Charaktere mit Tiefgang und ein hochkarätiges Ensemble bereit. Gespielt wird bis 27. Juni, selbstverständlich unter Einhaltung aller COVID-Sicherheitsbestimmungen.

Ödön von Horváths Stück „Hin und Her“ war bei den Sommerspielen Schloss Sitzenberg bereits für Juni 2020 geplant worden, musste aufgrund der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie allerdings in die Spielzeit 2021 verschoben werden. „Die seit Herbst 2020 erneut extrem angespannte Lage und die über Monate fehlende Perspektive für Kulturveranstaltungen haben die Vorbereitungen für uns natürlich sehr schwierig gemacht. Aber wir haben das Festival bestmöglich auf einen sicheren Ablauf und kommende Abstandsregeln im Zuschauerbereich vorbereitet. Wir freuen uns in jedem Fall, unserem Publikum endlich wieder zauberhafte Theaterabende zu servieren“, betont Intendant Martin Gesslbauer.

Ausweichquartier steht in diesem Jahr coronabedingt keines zur Verfügung. „In jedem Fall werden unsere „Hin und Her“-Vorstellungen in dieser Saison zum Schutz der Gäste ausschließlich im Schlosshof und somit outdoor stattfinden. Permanente Frischluftzufuhr ist damit garantiert, aber wir bitten angesichts der besonderen Umstände um Verständnis, dass wir ohne Ausweichquartier heuer besonders bemüht sind, die Vorstellungen auch bei unbeständiger Witterung durchzuführen“, so Gesslbauer weiter.

Ödön von Horváths „Hin und Her“: Heimatlos zwischen den Grenzen

„Hin und Her“ von Ödön von Horváth handelt an einem unbedeutenden Grenzübergang, irgendwo mitten in Europa. Zwei Länder, getrennt und verbunden durch eine kleine Brücke im Niemandsland. Ein „unerwünschter“ Ausländer soll abgeschoben werden, ganz freundlich und ohne unnötige Gewalt. Nur die andere Seite will ihn auch nicht haben – sehr bedauerlich, der Pass ist bereits verfallen. Also beginnt für den abgeschobenen Ferdinand Havlicek ein mühsames Hin und Her, ein bizarres Leben im Transit, in dem man als Zuschauer den typisch abgründigen Horváth-Biedermännern und -frauen begegnet. Havlicek muss schließlich klarstellen, dass er ein Mensch und kein Amtsvorgang ist. So rückt eine Art Happy End in Griffweite.

Für die Inszenierung des Stoffes zeichnet die niederösterreichische Regisseurin und Schauspielerin Anke Zisak verantwortlich. In ihrer Regiearbeit geht sie der Frage nach, wo der Mensch mit Grenzen konfrontiert ist: „Grenzen können Halt und Sicherheit geben, aber sie können auch belasten und Leben zerstören. Bestimmte Grenzen muss man setzen und akzeptieren, andere muss man überwinden. Es ist hochspannend, wie unterschiedlich die Figuren in Horváths Stück mit dem Thema umgehen“, betont Zisak.

„Das Stück wirft nicht nur Fragen zu Grenzen im geografischen Sinn auf. Es geht auch um politische und administrative, wirtschaftliche, soziale und gesellschaftliche, aber auch um ganz persönliche Grenzen im Denken und Handeln. Die Unterschiede auf den jeweiligen Seiten einer Grenze herauszuarbeiten, aber zugleich auch das Verbindende sichtbar und begreifbar zu machen, ist einer der Ansprüche unserer Produktion. Die Pandemie hat unserer Gesellschaft völlig neue Grenzen aufgezeigt: Grenzen der Belastbarkeit unseres Gesundheitssystems, unserer Gesetzte sowie Grenzen der psychischen Belastbarkeit jedes einzelnen. Wie viel ist man bereit, für das Allgemeinwohl zurück zu stecken? Das ist nur eine der spannenden Fragen, die dadurch aufgeworfen wurden und – wie wir gesehen haben – recht unterschiedlich beantwortet werden“, gibt Zisak Einblicke in ihr Regiekonzept.

„Glücklicherweise konnten wir das wunderbare Ensemble, das Horváths Charaktere eigentlich schon im Vorjahr verkörpern hätte sollen, heuer eins zu eins neuerlich verpflichten. Angeführt wird unser Hin und Her-Team von Michael Duregger als Havlicek und Michaela Ehrenstein, die frühere Intendantin der Sommerspiele Schloss Sitzenberg, in der Rolle der Frau Hanusch“, so Intendant Martin Gesslbauer. An ihrer Seite sind unter anderem Ben Marecek, Sohn von Heinz Marecek, als Konstantin und Anne-Sophie König als Eva zu erleben.

In Zeiten der Pandemie steht natürlich vor allem auch innerhalb des Teams der Gesundheitsschutz an erster Stelle, wie Gesslbauer betont: „Schauspielerinnen und Schauspieler können bei der Ausübung ihres Berufs keine Maske tragen. Umso wichtiger ist eine gute Teststrategie. Wir werden daher vor den Proben als auch vor den Aufführungen regelmäßig testen, um so viel Sicherheit als möglich zu gewährleisten.“

Die Liedtexte von Ödön von Horváth wurden für die Sitzenberger Inszenierung adaptiert und von Heinz Jiras neu vertont. Als Spielort für Horváths Charaktere hat Martin Gesslbauer ein Bühnenbild konzipiert, das die Grenzthematik ganz in den Mittelpunkt rückt. „Schloss Sitzenberg bietet mit seinem Arkadenhof ein atemberaubendes Ambiente, das es für Regisseur und Bühnenbildner allerdings zu einer großen Herausforderung macht, Zuschauer in ein tristes Nirgendwo zu entführen. Sommertheater haben aufgrund der fehlenden Guckkastenbühne meist nur einen begrenzten Gestaltungsspielraum, und das Licht kann erst nach Einbruch der Dunkelheit effektvoll eingesetzt werden. Umso glücklicher bin ich mit dem stimmungsvollen Bühnenbild, das Martin Gesslbauer für Sitzenberg entworfen hat“, verrät Anke Zisak.

Gefährliches Hin und Her im realen Leben Horváths

Eine groteske Parallele zum Inhalt von „Hin und Her“ gibt es im realen Leben des Autors: Als Ödön von Horvaths Posse 1934 am Zürcher Schauspielhaus uraufgeführt wurde, war der Autor bereits von den Nazis aus Deutschland vertrieben worden. Kurz vor der Premiere musste er noch schnell für einen Tag nach Ungarn, weil er erfahren hatte, dass sein Pass und seine Staatsbürgerschaft verfallen worden wären und man ihn als staatenlos abgeschoben hätte. Doch die Ausreise selbst war mit großer Gefahr verbunden. Denn: Ohne neuen Pass, kein neues Visum und somit keine Rückkehrmöglichkeit in die Schweiz. Nur knapp entging er dem Schicksal seiner eigenen Hauptfigur.

Es spielen Michael Duregger (Havlicek), Michaela Ehrenstein (Frau Hanusch), Ben Marecek (Konstantin), Anne-Sophie König (Eva), Gerhard Karzel (Thomas Szamek), Christian Rovny (Mrschitzka), Angela Schneider (mehrere Rollen), Reinhard Hauser (mehrere Rollen) und Anton Öllerer (Schmuggler).

Premiere: Fr. 4. Juni 2021 (19 Uhr), weitere Spieltermine: Sa. 5.6.2021 | So. 6.6. 2021, Fr. 11.6. 2021 | Sa. 12.6. 2021 | So. 13.6. 2021, Fr. 18.6. 2021 | Sa. 19.6. 2021 | So. 20.6. 2021, Fr. 25.6. 2021 | Sa. 26.6. 2021 | So. 27.6. 2021, Beginn: Fr. – Sa. 19.30 Uhr, So. & Feiertag 17.30 Uhr

Aufgrund der Corona-Pandemie finden alle Vorstellungen ausnahmslos im Schlosshof statt. Es wird daher die Mitnahme von entsprechend warmer, regenfester und funktioneller Kleidung empfohlen.

Weitere Informationen und Karten: www.schloss-sitzenberg.at, karten@schloss-sitzenberg.at

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