Weihnachten und „A Christmas Carol“ sind für weite Teile des Wiener Theaterpublikums ein untrennbares Ganzes. Seit den späten 1980er-Jahren begleitet mich das Stück durch die Adventzeit, und heuer, nach langer Absenz, war es für mich wieder einmal so weit: Im Theater Spielraum durfte ich eine in jeder Hinsicht gelungene Adaption von Charles Dickens gleichnamiger Erzählung erleben, die das Open House Theatre in seinem vorübergehenden Domizil in Szene gesetzt hat.
Die Geschichte über den knausrigen Misanthropen Scrooge, der in der Nacht vor Weihnachten Besuch vom Geist seines verstorbenen Geschäftspartners Marley sowie drei weiteren Geistern erhält, die ihm seine Vergangenheit, die Gegenwart und seine nahe Zukunft vor Augen führen, und dadurch Läuterung erfährt, geht zu Herzen, und gleiches gilt auch für die Inszenierung von Alan Burgon.
Auf der Bühne (Raoul Rettberg) wurde ein Kinderzimmer installiert, das (nicht ausschließlich, aber auch) der Rahmenhandlung dient: Ein vermeintlich unsympathischer Großonkel ist bei seiner Familie zu Gast, und dessen junge Großnichte erfährt von ihrer Mutter die Geschehnisse rund um den verbitterten und profitsüchtigen Ebeneezer Scrooge. Dessen Schreibtisch wurde auf Rollen montiert und kann so praktischerweise für die entsprechenden Szenen ins Bild geschoben werden. Auf einem Garderobenständer hängen diverse Kostüme, und in einem Kasten verbergen sich einige Requisiten und ein Schattentheater. Letzteres kommt sowohl als Teil der Handlung als auch als Teil des Bühnenbildes wunderbar effektvoll zum Einsatz.
Das fünfköpfige Ensemble spielt grandios, die Mitwirkenden wechseln mühelos von einer Rolle zur anderen. Dave Moskin gefällt als polternder Scrooge (und als Großonkel), dem die vier Geister ordentlich zusetzen und der seine Lektion schlussendlich doch noch lernt. Lisa Gray glänzt unter anderem als Respekt einflößender Geist von Marley und als liebevolle Mutter. Dank ihr nimmt auch die Handpuppe des Geists der vergangenen Weihnachten Gestalt an (Puppenspiel: Peter Steele). Lisa Sigismondi agiert unter anderem herzerfrischend als Fan, Schwester des jungen Ebeneezer, und als kleines Mädchen, das doch noch Vertrauen zu ihrem Großonkel fasst. Emily Busvine mimt unter anderem bezaubernd einen fröhlichen Geist der diesjährigen Weihnacht und die Ehefrau des geplagten Angestellten, Mrs. Cratchit. Sam Kozeluh überzeugt unter anderem als fürsorglicher Vater, als konfrontationsfreudiger Scrooge-Neffe Fred, der seinen Onkel zu bekehren versucht, und als leidgeprüfter Bob Cratchit. Auffallend sind auch die farbenfrohen, stimmig zusammengestellten Kostüme von Katharina Kappert. Sehr reizvoll wirkt die Idee, Scherenschnitte aus Holz als Figuren auf der Bühne einzusetzen, und sehr vergnüglich jene Szene, in der das Abendessen im Hause Cratchit mit Stofftieren als Kinderschar dargestellt wird.
Fazit: Eine rundum geglückte und charmante Produktion, die den vollendeten Weihnachtsspirit verbreitet! Wärmste Empfehlung!
„A Christmas Carol“: Eine Produktion von Open House Theatre im Theater Spielraum, zu sehen bis 28. Dezember 2024 (7., Kaiserstraße 46), Beginn: jeweils 19.30 Uhr.
Weitere Informationen: www.openhousetheatre.at