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„Das perfekte Paar“ in der Freien Bühne Wieden: Ein Abendessen mit Wendungen

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Das perfekte Paar_FBW Foto: Freie Bühne Wieden
Freie Bühne Wieden: Felix Kurmayer, Felicitas Lukas, Andreas Paul Seidl, Michaela Ehrenstein in „Das perfekte Paar“ (Foto: Freie Bühne Wieden/Robert Peres)

Eine Einladung zum Essen unter Freunden, ein gemütlicher Abend in vertrauter Atmosphäre: Mit dieser Erwartung treffen Nadine und David in der Wohnung von Katja und Oliver ein. Die beiden Letztgenannten haben allerdings andere Pläne – das nunmehrige Ex-Paar, das sich erst vor Kurzem getrennt hat, will seine Gäste mit dieser Neuigkeit überraschen. Dem nicht genug hat man beschlossen, die Freunde zu einer schmerzlichen Entscheidung zu nötigen, mit wem der beiden „Hälften“ sie weiterhin Kontakt pflegen möchten und wer dann nicht mehr Teil des amikalen Gefüges sein darf.

In dieser Ausgangssituation siedelt Autor Florian Scheibe (geboren 1971 in München) seine Komödie „Das perfekte Paar“ an, das die Freie Bühne Wieden zur Uraufführung bringt. Regisseur Reinhard Hauser und den vier Ensemblemitgliedern ist es treffend gelungen, die Charaktere und ihre Eigenschaften sehr genau herauszuarbeiten. Katja, die Musikerin, wirft Oliver, dem Start-up-Gründer, seine Affären mit den Praktikantinnen aus dem Büro vor, während er ihr ihre Beziehung mit einem Orchesterkollegen anlastet. Beide erzählen ihre Version der Geschichte, bringen Rechtfertigungen vor und entkräften die Vorwürfe des jeweils anderen. Sehr detailreich hat der Autor den hitzigen Wortwechsel zwischen den Frischgetrennten ausformuliert: Katja argumentiert auf der intellektuellen Ebene und erklärt ihr Verhältnis zum Symptom ihrer Beziehungskrise, Oliver wiederum sieht seine One-Night-Stands als längst verjährt an, zudem wäre es dabei nie um Gefühle gegangen. Freie-Bühne-Wieden-Prinzipalin Michaela Ehrenstein und Felix Kurmayer liefern einander als Katja und Oliver einen heftigen verbalen Schlagabtausch – mit sehr präzisem Timing gespielt, schenken die Ex-Eheleute einander nichts. Beide glänzen in ihren Rollen: Michaela Ehrenstein lässt bei ihrer Figur, der sehr vernunftbetonten und resoluten Katja, dennoch erlebte Kränkungen durchschimmern. Felix Kurmayers Oliver gibt sich desillusioniert, mit sarkastischen Zügen, gesteht aber dann, auf seinen Lebenstraum von einer Familie mit Katja ihr zuliebe verzichtet zu haben.

Unterhaltung mit Tiefgang und würzigen Pointen

Ihnen gegenüber stehen Nadine und David, für die eine Welt zusammenbricht – galten Katja und Oliver doch als das perfekte Paar im Freundeskreis schlechthin. Völlig konsterniert reagieren zudem die Lehrerin und der Autor auf den Plan ihrer Freunde, sich für eine der beiden Streitparteien entscheiden zu müssen. Obendrein sind Katja und Oliver Paten der Kinder von Nadine und David, doch Katja als Pächterin eines von allen geliebten Gartens hat hiermit einen Trumpf im Ärmel. Mit Jobangeboten an die Eltern und in Aussicht gestellten Geschenken an die Sprösslinge versucht das Ex-Paar seine Sympathiewerte zu steigern. David sucht sogleich Flucht im Alkohol, dem im Verlauf des Stücks alle Charaktere reichlich zusprechen. Felicitas Lukas und Andreas Paul Seidl spielen das zweite Paar mit Bravour: Ihre Nadine lässt Felicitas Lukas sehr selbstbewusst und streitbar ihrem Gatten gegenüber auftreten, der ihrer Meinung nach viel zu wenig Engagement bei der Care-Arbeit zeigt. Andreas Paul Seidl legt seinen David als gleichmütigen, gut aufgelegten Charakter an, der seinen Seelenfrieden im Schreiben findet. Als Nadine erkennt, dass David mit ihrer gemeinsamen Therapeutin einen Online-Flirt unterhält, gewinnt die Handlung eine neue Dynamik.

Sehr dynamisch agiert auch das Schauspieler-Quartett im Verlauf des Stücks, das Regisseur Reinhard Hauser rund um einen Stehtisch mit vier Hockern in einem Wohnzimmer samt angrenzender Küche inszeniert hat (Bühnenbild und Bühnenbau: Martin Gesslbauer, Licht- und Tondesign: Stefanie Gutmann). Die Charaktere kommen allerdings kaum dazu sich hinzusetzen, es wird getanzt, gestritten und gerangelt. Das Sofa am rechten Bühnenrand wird erst später in die Handlung miteinbezogen.

Welche Wende das Stück am Ende in sich birgt, davon sollte man sich überraschen lassen. Auf jeden Fall hat die Freie Bühne Wieden hiermit wieder einen Glücksgriff gelandet. Und für Diskussionsstoff während der Pause oder nach der Vorstellung ist auf jeden Fall gesorgt, ebenso wie für Unterhaltung mit Tiefgang und würzigen Pointen. Sehenswert!

„Das perfekte Paar“ von Florian Scheibe: Gespielt wird bis 31. Oktober 2025 in der Freien Bühne Wieden (4., Wiedner Hauptstraße 60b), Beginn jeweils: 19.30 Uhr.

Weitere Informationen: www.freiebuehnewieden.at

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