Freie Bühne Wieden: Philosophische Betrachtungen über Gott und die Welt

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„Freuds letzte Sitzung“ in der Freien Bühne Wieden: Felix Kurmayer (l.) beeindruckt als C. S. Lewis, Gerhard Dorfer glänzt als Freud. (Foto: Rolf Bock)

Zwei völlig unterschiedliche Weltanschauungen kollidieren im Londoner Arbeitszimmer von Sigmund Freud: Der berühmte Psychoanalytiker erachtet den Glauben an Gott als eine Form von mangelnder Reife, sein jüngerer Besucher, der Schriftsteller C. S. Lewis, hingegen ist überzeugter Katholik.

So gestaltet sich die Ausgangssituation des spannungsreichen Zwei-Personenstücks „Freuds letzte Sitzung“ („Freud’s Last Session“, uraufgeführt in Pittsfield/Massachusetts im Jahr 2009) des US-amerikanischen Dramatikers Mark St. Germain, das Reinhard Hauser als deutschsprachige Erstaufführung für die Freie Bühne Wieden inszeniert hat.

Freud und Lewis diskutieren (in einer mutmaßlich fiktiven Begegnung im September des Jahres 1939) über Gott und die Welt – die Gewissheit des Einen über die Existenz eines Schöpfers löst beim Anderen entrüsteten Protest aus. Aber auch die Macht des Humors oder Freuds Erfahrungen mit dem Antisemitismus in seiner Kindheit in Wien werden in diesem leidenschaftlichen Schlagabtausch thematisiert.

Gerhard Dorfer und Felix Kurmayer spielen die beiden Kontrahenten, die zwar auf ihren jeweiligen Standpunkten verharren, jedoch auf einer persönlichen Ebene zusammenfinden, als die Torturen von Freuds Krebserkrankung offensichtlich werden. Dorfer glänzt als aufbrausender, aber auch selbstironischer Atheist, der kleine Sakralobjekte auf seinem Schreibtisch hortet und seinen jüngeren Besucher gerne provoziert. Kurmayer beeindruckt als stoischer, dem älteren Gastgeber durchaus ebenbürtiger Schriftsteller, der sich nicht so leicht aus der Reserve locken lässt.

Reinhard Hauser ist eine überzeugende Inszenierung gelungen, die mit Fliegeralarm (der den noch vom Ersten Weltkrieg traumatisierten Lewis in Panik versetzt) und Radioübertragungen eine packende Atmosphäre bewirkt. Sehr detailreich – mit Schreibtisch, Couch und Fauteuil – hat Hauser auch das Bühnenbild (Bühnenbauten: Erwin Bail) gestaltet. Eine kurzweilige und sehenswerte Aufführung!

Gespielt wird noch bis einschließlich 4. Februar in der Freien Bühne Wieden (4., Wiedner Hauptstraße 60b), Beginn: jeweils 19.30 Uhr.

Weitere Informationen: www.freiebuehnewieden.at

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