„Bertha von Suttner“ im MuTh: Vertontes Leben einer glühenden Pazifistin

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Fulminantes Ensemble mit Gast Waltraut Haas (1. v. l. vorne): Maya Hakvoort als Bertha von Suttner (2. v. l. vorne) neben Autorin Michaela Ehrenstein und Komponist Béla Fischer (3. v. l. hinten) (Foto: Allegria)

Dem Leben und Wirken der Schriftstellerin und späteren Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner widmete Michaela Ehrenstein bereits im Jahr 2012 ein Stück in ihrer Freien Bühne Wieden, nun wurde eine konzertante Fassung des Musicals „Bertha von Suttner“ von Ehrenstein (Text) und Béla Fischer (Musik) im „MuTh“ zur Aufführung gebracht.

Zwei Stunden lang steht die facettenreiche Persönlichkeit Suttners im Mittelpunkt des Geschehens: Als junge Komtesse Kinsky von der Hocharistokratie geschnitten, weil ihre Mutter bürgerlicher Herkunft ist, weiß Bertha schon sehr früh um die Bedeutsamkeit von Bildung, die Frauen ein eigenständiges Leben ermöglichen kann. Nach einer Stelle als Gouvernante bei Baron von Suttner wird Kinsky Sekretärin bei Alfred Nobel, der ihre Ideen zur Friedensbewegung tatkräftig unterstützt.

Bertha heiratet schließlich den um sieben Jahre jüngeren Arthur von Suttner und zieht mit ihm in den Kaukasus, wo das Ehepaar neun Jahre lang unter schwierigen Verhältnissen von der Schriftstellerei lebt. Zurück in Wien, gründet die überzeugte Pazifistin die österreichische Friedensbewegung, hält Reden auf internationalen Kongressen und lässt sich weder von privaten noch beruflichen Rückschlägen entmutigen. Suttners Roman „Die Waffen nieder!“, den sie im Alter von 46 Jahren veröffentlicht, wird ein Welterfolg und in 24 Sprachen übersetzt. Im Jahr 1906 wird sie als erste Frau mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.

Hochintellektuell und emanzipiert in einer Männergesellschaft

Ehrenstein fokussiert die Handlung auf die (platonische) Freundschaft Suttners zu Nobel bzw. auf ihre Ehe mit Arthur: Letztere gerät – obwohl durch eine Liebesheirat geschlossen – in arge Turbulenzen, als der Baron zarte Bande zu seiner Nichte knüpft. Nobel wiederum findet Gefallen an der intellektuellen Auseinandersetzung mit Bertha, die ihn sogar zur Stiftung des nach ihm benannten Preises anregt. Ehrensteins Charaktere sind präzise gezeichnet, geschickt setzt die Autorin dramaturgische Wendungen ein.

Stimmgewaltig: Maya Hakvoort als Bertha von Suttner mit René Rumpold (l.) als Nobel und André Bauer als Baron Suttner (Foto: Allegria)

Béla Fischer bringt in seinen Kompositionen die unterschiedlichsten Akzente zur Geltung – von der beschwingten Walzer-Melodie auf dem Debütantenball der jungen Komtesse über die romantische Annäherung zwischen dem Liebespaar Bertha und Arthur bis hin zu kämpferisch anmutenden Klängen, wenn Suttner in ihren Reden zur Solidarität aufruft. Fischer, der auch für die musikalische Leitung verantwortlich zeichnet, arbeitet mit seiner Formation „Fischers for Compliments“ – mit Bela jun. und Michael Fischer an den Keyboards sowie Gerfried Krainer am Schlagzeug und Horst Hausleitner am Saxophon und an der Klarinette – die ganze Palette an unterschiedlichsten Emotionen heraus.

Maya Hakvoort verkörpert eine hochintellektuelle, emanzipierte Bertha von Suttner, die sich souverän in einer von Männern dominierten Welt bewegt. Stimmgewaltig, mit vielen Nuancen, spannt Hakvoort den Bogen von der jungen Komtesse hin zur glühenden Pazifistin, die auch Anfeindungen gewachsen ist. Ihr zur Seite steht René Rumpold als würdevoller Alfred Nobel, der sich mit Suttner auf Augenhöhe unterhält und ihr hilfreich zur Seite steht. André Bauer ist als Arthur von Suttner erst ein charmanter, seiner Bertha sehr zugetaner Ehemann, der sich aber mit dem zunehmenden Arbeitspensum seiner Frau von dieser ab- und seiner Nichte zuwendet.

Peter Lesiak imponiert als Alfred Hermann Fried, Suttners Mitstreiter, der die Handlung als Erzähler dynamisch vorantreibt. Elena Schreiber glänzt als Berthas Mutter Sophie Kinsky, die sich wegen ihrer Spielleidenschaft um das Auskommen ihrer Tochter sorgt, ebenso Ulli Fessl als Baronin Suttner, die erst die Mesalliance ihres Sohnes verhindern will, Bertha jedoch die Stelle bei Nobel verschafft, und auch Marianne Curn als Arthurs Nichte Marie Louise, die die oftmalige Abwesenheit ihrer Tante zu ihren Gunsten ausnutzt. Martin Gesslbauer und Robert Kolar agieren meisterhaft als kritische Kommentatoren von außen, zumal Suttner in der veröffentlichten Meinung oftmals als „Friedens-Bertha“ oder „hysterischer Blaustrumpf“ verunglimpft wurde.

Alle Mitwirkenden beeindrucken durchwegs mit fulminanten Stimmen. Alles in allem: ein trotz einfacher szenischer Mittel opulenter Abend!

Weitere Informationen: www.freiebuehnewieden.at bzw. muth.at