München II: Idylle in der Großstadt

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Bis zur Eingemeindung im Jahre 1854 vor den Toren Münchens gelegen und viele Jahrzehnte lang Problemviertel, präsentiert sich die Au heute herausgeputzt als Grünoase mitten in der Großstadt. Die Münchner Schatzsuche erweckt die Idylle auf einem szenischen Spaziergang zum Leben.

Vom Müllerschen Volksbad, einem Jugendstil-Juwel am Beginn der Rosenheimer Straße, biegen wir hinab in die Lilienstraße: Dort steht das zweitälteste Kino Münchens, die „Museum Lichtspiele“, die allwöchentlich und seit mehr als drei Jahrzehnten Treffpunkt für Fans der „Rocky Horror Picture Show“ sind. Einst, ab Mitte des 19. Jahrhunderts, wurden an diesem Ort Possen von Johann Nestroy mit großem Erfolg im Schweigerschen Volkstheater aufgeführt.

Beim Auer Mühlbach, einem kleinen Seitenarm der Isar, angekommen, erwartet uns schon die erste szenisch dargebrachte Schilderung einer Wäscherin aus vergangenen Tagen, die uns von ihrem harten und entbehrungsreichen Leben erzählt. Wahrlich, das Leben früher in der Au kann kein Zuckerschlecken gewesen sein: Teile der ärmsten Bevölkerung, Handwerker und Tagelöhner, wohnten in tristen Behausungen. Wer heute zum ersten Mal durch die Au wandert, wird von der Ruhe und dem Naturreichtum – mitten in der Stadt – überrascht, wenn nicht gar überwältigt sein.

Auf dem weiteren Spaziergang erfahren wir noch vom Schicksal eines Opfers der Napoleon-Kriege, bevor wir das Landschaftsidyll hinter uns lassen und zur Mariahilfkirche gelangen. Drei Mal im Jahr findet auf dem riesigen Platz vor der Kirche die Auer Dult statt, ein Volksfest und Jahrmarkt mit Fahrgeschäften und zahlreichen Standln. Dort erzählt uns eine fesche Auerin die Lebensgeschichte vom „Finessen-Sepperl“ (1763 bis 1828), einem echten Münchner Original: Der war zwar klein von Gestalt, aber allseits bekannt und geschätzt als Überbringer von Liebesbotschaften, mit denen er seinen Lebensunterhalt bestritt.

Wir passieren das ehemalige Frauengefängnis Am Neudeck, das nach Plänen der Stiftung BISS („Bürger in sozialen Schwierigkeiten“) zu einem Hotel hätte umgebaut werden sollen, um Arbeits- und Ausbildungsplätze für benachteiligte Jugendliche zu schaffen. Dieses Projekt wurde nicht realisiert.

Nach einer Weile erklimmen wir die sanfte Anhöhe des Nockherbergs. Hier oben wird alljährlich der berühmte Starkbieranstich der Paulaner Brauerei zelebriert. Gemeinsam wird ein Lied zum Abschied angestimmt, und dann legt sich wieder Stille über die zauberhafte Au.

Schauspiel: Beatrix Leitl, Michael Weiser. Inszenierung: Michael Weiser und Anette Spieldiener.