Vampir-Komödie im „Bronski & Grünberg“: Neues Theater geht mit „Dracula“ an den Start

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Glänzendes Ensemble (v. l.): Doris Hindinger, Aleksandra Corovic, Rafael Schuchter, Pilar Aguilera, Josef Ellers (hi.) und Matthias Mamedof (Foto: Tim Hüning)

Der Theaterbezirk Alsergrund ist wieder um eine Spielstätte reicher: Das ehemalige International Theatre in der Müllnergasse wird nach seiner Schließung im Sommer vor vier Jahren wieder mit neuem Theaterleben erfüllt – als „Bronski & Grünberg“ wurde es kürzlich von Alexander Pschill und Kaja Dymnicki (beide teilen sich die künstlerische Leitung) neu eröffnet.

Das Eröffnungsstück „Dracula“ wurde von Dymnicki und Pschill frei nach Bram Stokers Roman verfasst und inszeniert. Im Programmfolder als „Vampir-Melodram“ und „Antifaschismusposse“ angekündigt, treffen beide Kategorisierungen nur bedingt zu: Im ersten Teil des Abends darf jedenfalls viel gelacht werden – Alexander Jagsch und Matthias Mamedof sind ein kongeniales Duo als Dracula und Jonathan Harker.

Der Immobilienmakler aus London soll eine passende Bleibe für den Grafen in England suchen und wird dafür mit der gewöhnungsbedürftigen Gastfreundschaft des Adeligen belohnt. Flugs wird die lange, reichlich gedeckte Tafel hereingeschoben, und ebenso unvermittelt ist sie auch wieder verschwunden. Die Nachtruhe des Besuchers wird durch laute Musik empfindlich gestört, dafür weckt die Tür mit der Aufschrift „Nein!“ großes Interesse beim jungen Besucher.

Originelle Überraschungsmomente, kunstvolle Bühnengestaltung

Mitreissende Pointen werden hin- und hergespielt, temporeich öffnen und schließen sich die Türen (auch die Falltür am Boden) – was für originelle Überraschungsmomente sorgt, wenn Graf Dracula den Raum durch eine Tür verlässt und bei der gegenüberliegenden seinen Arm herausstreckt. Amüsant ist auch die Szene zu Beginn des Stücks, wenn Dracula bedächtig seine Lesebrille aufsetzt, um in einer „Bravo“-Ausgabe zu schmökern.

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Alexander Jagsch glänzt als ernster, für Gänsehautstimmung sorgender Graf mit Hang zu jugendlicher Lektüre. (Foto: Tim Hüning)

Kunstvoll haben Dymnicki und Pschill die Bühne mit allerlei Mobiliar und Utensilien ausgestattet – vom Waschtisch bis zum Phonogerät ist alles vorhanden, die Wände wurden mit zahlreichen Fotos, ausgestopften Tieren, einer Wäscheleine und einem Krickerl dekoriert. Jagsch glänzt als ernster, für Gänsehautstimmung sorgender Graf, Mamedof brilliert mit beeindruckender Mimik und Gestik als tollpatschiger Jonathan.

Nach der Pause gerät das Tempo der Inszenierung zeitweilig ins Stocken: Die Schwester von Jonathans Verlobter Mina (Karola Niederhuber sprang für Doris Hindinger ein), Lucy, laboriert an einer mysteriösen Erkrankung. Der Hausarzt ist ratlos, also wird Professor Van Helsing ans Krankenbett gerufen, für den nur eine Therapie in Frage kommt – Bluttransfusionen!

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Sehr wahrhaftig spielt Julia Edtmeier die junge Lucy, die sich naiv, aber erwartungsvoll auf Zusammenkünfte mit dem Grafen einlässt. (Foto: Tim Hüning)

Niederhuber glänzt als tragisch-komische Mina, an der die Eifersucht auf ihre Schwester nagt, ebenso Pilar Aguilera als skurril-energische Mutter, der nichts wichtiger ist, als die erkrankte Tochter bald unter der Haube zu sehen.

Sehr wahrhaftig, ohne jeglichen grotesken Einschlag, spielt Julia Edtmeier die junge Lucy, die sich naiv, aber erwartungsvoll auf Zusammenkünfte mit dem (immigrierten) Grafen einlässt. Aleksandra Corovic mimt einen mysteriös agierenden Van Helsing, Josef Ellers verkörpert einen fahrig-schrulligen Dr. Seward, Rafael Schuchter Lucys spießbürgerlichen Verlobten Arthur.

Dymnicki und Pschill setzen auch im zweiten Akt auf große Komik: Grandios anzusehen ist die „stumme“ Szene, in der die Ensemblemitglieder ausschließlich mimisch und gestisch agieren, um danach augenblicklich mit ihren Dialogen fortzufahren. Witzig ist auch der Regieeinfall, nach dem die auftretenden und abgehenden Schauspieler das Quietschen und Knarzen der Türen akustisch nachahmen.

Die Eröffnungspremiere hat auf jeden Fall neugierig gemacht und regt, nicht zuletzt dank des glänzenden Ensembles, ganz sicherlich zu weiteren Besuchen des Hauses an.

Die nächsten Spieltermine von „Dracula“: 5., 6., 10., 11., 15. und 16. Dezember, Beginn: jeweils 19.30 Uhr.

Weitere Informationen: www.bronski-gruenberg.at